Skip to content

Förderkonzept

Vorbemerkungen

„Die Grundschule als die für alle Kinder gemeinsame Grundstufe des Bildungswesens hat auf der Grundlage des in der Landesverfassung und den Schulgesetzen vorgegebenen Bildungs- und Erziehungsauftrags die Aufgabe, alle Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung ihrer individuellen Voraussetzungen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung, in den sozialen Verhaltensweisen sowie in ihren musischen und praktischen Fähigkeiten gleichermaßen umfassend zu fördern und grundlegende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten […] zu vermitteln. […]“ (Richtlinien und Lehrpläne für die Grundschule in NRW 2008, S. 13)

Jedes Kind in der Grundschule hat den Anspruch gefördert und gefordert zu werden. Alle SchülerInnen sollen trotz unterschiedlicher Fähigkeiten und Interessen die verbindlichen Kompetenzerwartungen der Lehrpläne erreichen. Kindern, die diese Kompetenzerwartungen übertreffen können, soll dazu die Gelegenheit gegeben werden.

Gemäß dieses Anspruchs legen wir großen Wert darauf, die Stärken der SchülerInnen weiter auszubauen und ihre Schwächen abzubauen. Wir wissen, dass die Umsetzung möglichst individualisierten Lernens immer notwendiger wird.

Veränderte Kindheit

Diesen Umständen liegt zugrunde, dass sich die Lebenssituation der heutigen SchülerInnen im Laufe der Jahre stark verändert hat:

  • Einzug des Computers in die Kinderzimmer
  • gesteigerter Medienkonsum und damit Mediatisierung von Erfahrungen, Verlust von Eigentätigkeit
  • Zunahme veränderter Familienstrukturen wie Eineltern- oder Patchworkfamilien
  • Berufstätigkeit beider Elternteile, Rückgang familiärer Gemeinsamkeiten.

Die Folgen dieser außerschulischen Bedingungen haben große Auswirkungen auf das schulische Verhalten der SchülerInnen. Festgestellt wird die Zunahme von

  • Defiziten im Sozialverhalten
  • Unselbstständigkeit
  • sprachlicher Verarmung
  • der Ausweitung der Entwicklungsschere
  • psycho-soziale Störungen
  • sinkender Leistungsbereitschaft
  • nervösem und hyperaktivem Verhalten.

Auf die Grundschule kommt heute vielfach die Funktion einer gesellschaftlichen Basisinstitution zu. Für die Zeit des Schulbesuchs ist sie die zentrale Lebens- und Lernstätte des Kindes. Von besonderer Bedeutung für die Kinder ist die Verlässlichkeit der sozialen Beziehungen in der Schule. Angesichts veränderter Familienstrukturen und der Diskontinuität persönlicher Beziehungen, der Arbeits- und Wohnverhältnisse sowie der ungleichen Zeitrhythmen der Familienmitglieder wird Schule der zentrale Ort der Beständigkeit im Alltag.

Die veränderte und stark individualisierte Schülerklientel zieht die Veränderung der Lehrerrolle nach sich. Der tradierte Frontalunterricht verabschiedet sich aus den Klassenzimmern. Offene Unterrichtsformen, die an die individuellen Ansprüche der Kinder anknüpfen können, halten Einzug.

Nicht jedem das Gleiche, sondern jedem das Seine!

Lernforschung

Die neurobiologischen Erkenntnisse, die Lernforschung und die daraus resultierende konstruktivistische Wende führen zu einem Paradigmenwechsel, der Lernen auf einer völlig veränderten Grundlage beschreibt und die neue Rolle der Lehrkraft als Lernbegleiter unabdingbar macht.

Wir können einen Schüler nichts lehren. Wir können ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken. Denn…

  • Gehirne bekommen nichts vermittelt. Sie produzieren selbst!
  • Gehirne haben keinen Zugang zur (realen) Welt. Die Welt ist eine Konstruktion.
  • Jedes Lernen ist individuell.
  • Lernprozesse können nur angeregt, nicht aber gesteuert werden.
  • Gelernt wird nur, was valide (individuell brauchbar, wichtig) ist.
  • Emotionen sind die „Türöffner“ für Lernprozesse und Leistungen.

LehrerInnen als Lernbegleiter

Wir nehmen unsere neue Aufgabe bzw. die neue Rolle als Lernbegleiter und Moderator von Lernprozessen an und versuchen so individuelles Lernen zu fördern.

Kinder kommen nicht nur mit sehr individuellen Voraussetzungen in die Schule, sie entwickeln sich auch sehr unterschiedlich. So würde die Orientierung der Anforderungen am mittleren Niveau nicht zur Ausschöpfung des Leistungspotentials führen, sondern Über- und Unterforderung mit sich bringen. Daher ist es verstärkt unser Anliegen, jedes Kind entsprechend seinen Voraussetzungen zu fördern.

  • Wir entsprechen dem Recht auf individuelle Förderung durch einen sehr breit angelegten Förderbegriff, der sowohl die (Weiter-)Entwicklung der lernschwachen als die besonders begabten Kind im Blick hat.
  • Wir verstehen unter gutem Unterricht immer auch zugleich fördernden Unterricht, der allen Kindern ermöglichen soll, ihre Wissens- und Kompetenzentwicklung auf einem möglichst hohen Niveau abzuschließen.
  • Wir sehen dabei die Verantwortung für erfolgreiches schulisches Lernen nicht allein beim Lehrer und den Erziehungsberechtigten, sondern auch (oder letztendlich) beim Kind selbst.

Differenzierte Lernangebote

Um der Individualität der Lernprozesse Rechnung tragen zu können, nutzen wir von Anfang an alle didaktischen, methodischen und organisatorischen Möglichkeiten den Unterricht im Klassenverband zu öffnen:

  • Arbeitspläne (Tages- und Wochenpläne)
  • Arbeit an Stationen, Werkstattunterricht
  • jahrgangsübergreifendes Lernen bei den Thementagen
  • Differenzierte Aufgabenstellungen im Unterricht und bei den Hausaufgaben
  • Knobel- und Denkaufgaben
  • Offene Schreibanlässe
  • Arbeiten an einem frei gewählten Sachthema (Buchprojekt)
  • Helfersystem
  • Lesepass, Rechtschreibausweis, Urkunden
  • Computerlernprogramme
  • Nutzen von besonderen Fähigkeiten und Begabungen der Schüler (Vorträge, Experimente, Übernahme von Aufgaben).

Über den differenzierenden Unterricht hinaus soll unser neues Förderkonzept die Möglichkeit schaffen, das Kind stärker in seiner Ganzheit wahrzunehmen und zu fördern.

Um möglichst allen Kindern und damit den unterschiedlichen Lerntypen und Ansprüchen gerecht zu werden, ist eine große Bandbreite von Förder- und Forderangeboten notwendig. Diese Angebote dürfen nicht nur auf Unterrichtsfächer beschränkt bleiben, sondern müssen auch die Entwicklung im Arbeits-, Sozial- und Lernverhalten einbeziehen.

Eine Angebotsvielfalt, die all dies berücksichtigt, eröffnet den Kindern die Möglichkeit, eigene Stärken zu entdecken und in den Vordergrund zu rücken. So kann sich Lernfreude und Selbstbewusstsein entwickeln.

Individuelle Förderung im Rahmen des Förderbands

Im Förderband werden alle Kinder der vier Jahrgänge gleichzeitig gefördert: Die Klassenlehrerinnen und die Fachlehrkräfte beraten bei pädagogischen Konferenzen über den Förderbedarf und entscheiden in Absprache, an welchen Förderkursen die Kinder teilnehmen sollen. Ein Durchlauf umfasst in der Regel etwa acht Termine. Danach wird entschieden, ob ein Kind in dem Förderangebot verbleibt, oder in ein anderes Angebot wechselt. Aus organisatorischen Gründen findet die Förderung donnerstags in der 1. und 2. Stunde statt. In der Regel umfasst ein Förderangebot 45 Minuten, so dass jedes Kind pro Woche zwei Förderangebote wahrnehmen kann. Sehr zeitintensive Angebote wie „Kochen und Backen“ umfassen zwei Unterrichtsstunden. Es findet Förderung für leistungsstarke und leistungsschwache Kinder, aber auch für Kinder mit besonderen Begabungen statt. So berücksichtigen die Lehrkräfte bei der Einteilung den Grundsatz „Stärken stärken“ und „Schwächen schwächen“ zu wollen. Bei der individuellen Einteilung eines jeden Kindes wird bedacht, die Kinder weder physisch, noch psychisch oder emotional zu überfordern. Durch die Mitwirkung vieler freiwilliger Eltern, Großeltern und außerschulischer Partner gelingt es uns, die beschriebene erforderliche Bandbreite an Förderangeboten abzudecken.

Exemplarischer Auszug der Förderangebote in verschiedenen Bereichen

Über Bewegungs- und Wahrnehmungserfahrungen werden Lernprozesse gefördert, die grundlegend für die kindliche Entwicklung sind. Da Kinder im häuslichen Bereich immer seltener die Gelegenheit haben, ganzheitliche Primärerfahrungen zu machen, ist uns sehr wichtig, möglichst viele Angebote zu offerieren, die nicht „verkopft“ sind, sondern den Einsatz aller Sinne erfordern.

  • Mathe: Einmaleins, Zahlzerlegung, Sachrechnen, „Mathe für Asse“
  • Sprache: „Schreibwerkstatt für Fitte“, Rechtschreibung trainieren, „Leserlich schreiben“, Lesemotivation entwickeln (Schuleingangsphase), „Schüler im Lesefluss“ (3. und 4. Klasse),
    Spanisch – Fremdsprachen lernen für Fitte
  • Grobmotorik: „Kinder in Balance“ – Körperwahrnehmung
  • Feinmotorik: Basteln und Falten, Nähen und Sticken, Werken mit Holz, Filzen
  • Sozialkompetenz: „Verantwortung übernehmen“ – unterwegs mit dem Hausmeister, „Gewinnen und verlieren“ – Gesellschaftsspiele
  • Konzentration und Wahrnehmung: Konzentrationsübungen, Experimentieren, Strategiespiele, Schach
  • Ich-Stärkung: Selbstverteidigung, Stimmakrobaten
  • musischer Bereich: „Kleines Theater“, Tanzen, Flöten für Anfänger
  • Alltagskompetenzen: Kochen und Backen, „Ab ins Beet“ – Kräuterkunde

Unser Förderkonzept

Voraussetzung für möglichst individuelles Fördern ist, die individuellen Stärken und Schwächen zu erkennen. Neben den alltäglichen Beobachtungen im Unterricht und regelmäßiger Lernstandskontrollen nach abgeschlossenen Unterrichtseinheiten wollen wir in Zukunft übergreifende Instrumente zur Diagnose der Lernvoraussetzungen einsetzen, um Fördermaßnahmen noch sinnvoller und nachhaltiger planen zu können.

Die getroffenen Fördermaßnahmen werden schriftlich in entwickelten Förderplänen festgehalten.

Diagnostische Verfahren

Die Effizienz von Fördermaßnahmen ist auch von der Mitarbeit der Eltern abhängig. Die Förderpläne werden daher regelmäßig mit den Eltern abgesprochen und ggf. durch häusliche Fördermaßnahmen ergänzt.

Sehr umfassend wird auch die Zeit vor Schuleintritt und der Beginn der Schulzeit in den Blick genommen. Der Vorteil in der Ermittlung der Lernvoraussetzungen von Schulanfängern liegt darin, frühzeitig die Ursachen für evtl. Lernschwierigkeiten zu erkennen und entsprechende Förderung einzuleiten.

Die Kinder werden besonders in den ersten Schulwochen hinsichtlich ihrer / ihres

  • Körpereigenwahrnehmung
  • visuellen Wahrnehmung
  • akustischen Wahrnehmung
  • Feinmotorik
  • Figur-Grund-Wahrnehmung
  • Raum-Lage-Orientierung
  • Phonologischen Bewusstseins

getestet.

Die Einzeltestungen der SchülerInnen finden in den ersten acht Schulwochenwährend des verkürzten Unterrichts statt.

„Notfallförder“

Eine berechtigte Sorge der Eltern war, dass Kinder in Mathematik oder Deutsch plötzlich große Verständnisschwierigkeiten aufzeigen könnten, die sich mit dem differenzierenden Unterricht nicht aufheben lassen, diese Kinder aber keinem Mathe- oder Deutschförderangebot zugeteilt sind. Für solche Fälle wird es als feste Einrichtung das „Notfall-Förderangebot“ geben. SchülerInnen mit akuten Problemen, bei denen eine Einzelförderung sinnvoll erscheint, würden ihre gewohnte Gruppe für eine Förderstunde verlassen, um mit einer Lehrerin die Schwierigkeiten gezielt zu beheben.